Wer sich auch nur ein bisschen für Klimawissenschaften interessiert, wird schnell auf den Begriff Klimamodell stoßen.Oft dauert es allerdings deutlich länger, heraus zu finden, wofür so ein Modell eigentlich genutzt wird. Wobei normalerweise auch nur “Also du drückst auf Start und wartest dann bis schöne Bilder aus deinem Modell heraus fallen, oder was machst du eigentlich?” gefragt wird, was aber mehr oder weniger auf das gleiche abzielt. Deshalb möchte ich euch hier eine kleine Übersicht über meine Arbeit als Modellierer geben.

Ein Überblick über die verschiedenen physikalischen Prozesse in einem aktuellen Klimamodell. (Unverändert aus [W. Washington et. al. 2009, Phil. Trans. R. Soc. A] unter CC-BY 4.0: Angepasst von Kevin Trenberth (NCAR). Copyright © University Corporation for Atmospheric Research. Illustration von Paul Grabhorn.)

Es wäre wirklich schwierig die gesamte Erde für verschiedene Mengen an ausgestoßenem Treibhausgas in der Zukunft nur zu beobachten! (Fig 12.11 aus “Climate Change 2013: The Physical Science Basis”, Cambridge University Press)
Damit stellen sich die Fragen: Warum sollte sich jemand die ganze Arbeit machen? Und, insbesondere wenn man gehört hat, wie groß die Fehler sind, die diese Modelle immer noch machen: Ist es nicht besser, einfach dorthin zu fahren und direkt zu beobachten, was auch immer das Modell beschreiben soll? Die Antwort ist Ja und Nein. Es ist immer besser, wenn wir Beobachtungen aus der echten Welt haben, um zu wissen, was eigentlich passiert. Ohne Beobachtungen würden wir auch nie wissen, ob unsere Modellergebnisse irgendetwas mit der Realität zu tun haben oder nicht. Aber Modelle haben drei riesige Vorteile:
Erstens: Um beispielsweise einen Ozean zu beobachten, gibt es aktuell noch keine Technik, die es ermöglicht alle diese Wassermassen auf einmal zu analysieren. Messungen sind immer entweder an einen Punkt gebunden, an dem sich gerade ein Schiff oder eine Messboje befindet, oder sie decken zwar eine größere Region ab, dafür aber nur die oberste Wasserschicht (wenn Aufnahmen von einem Satelliten aus gemacht werden). Mit einem Modell erhalten wir Informationen über alle Punkte im Ozean zu jedem Zeitpunkt, der uns interessiert. Dieses Wissen können wir hervorragend nutzen, um zu verstehen was dort passiert, wo wir in der echten Welt nicht hinsehen können.
Zweitens: Häufig wollen wir als Forscher Experimente durchführen um zu verstehen, wie sich das Klimasystem verhält. Wie werden sich zum Beispiel die Ozeane verändern, wenn die Lufttemperatur um zwei Grad ansteigt? Oder um drei? Oder zehn? Es wäre wirklich praktisch, wenn wir ein paar weitere Erden herumliegen hätten um solche Szenarien “in echt” zu testen, aber leider haben wir nur die eine zur Hand. In der wunderbaren Modellwelt dagegen können wir so viele Erden verbrauchen, wie wir nur wollen!
Und drittens: Die Gleichungen können schnell gelöst werden, verglichen mit der Zeit, die diese Prozesse in der wirklichen Welt benötigen. Somit können wir nicht nur ausrechnen, wie das Klima sich über die letzten 50.000 Jahre verändert hat. Wir können auch vorhersagen, wie das Wetter in den nächsten zwei Wochen wird und wie warm und sauer die Meere in hundert Jahren sein werden, wenn wir weiterhin so viel Kohle und Öl verbrennen wie heutzutage. Und Wissen ist Macht, also sind diese Erkenntnisse der erste Schritt zur Weltherrschaft! … Naja, und selbst wenn das zu hoch gegriffen sein sollte, werden sie auf jeden Fall dazu beitragen, dass wir besser vorbereitet sind, was auch immer das Klimasystem für uns in petto hat.
Ich könnte hier noch ewig weiterschreiben, über die verschiedenen Teile eines Klimamodells, und die verschiedenen Teile dieser Teile, und irgendwann auch mal die Frage beantworten: Was mache ich eigentlich den lieben langen Tag, wenn ich arbeite? Und keine Angst: Das werde ich auch tun! Allerdings ist das ein Thema für einen eigenen Blogeintrag. Jetzt hoffe ich, dass ihr zumindest eine Idee habt, warum und wofür Modelle eigentlich verwendet werden, und weshalb wir nicht alle Probleme allein mit Beobachtungen lösen können.