Matthias Prange
Diplomarbeit, Fachbereich Physik/Elektrotechnik, Universität Bremen (1997)
Zusammenfassung:
Bei der Züchtung von Einkristallen aus der Schmelze ist thermokapillare
Konvektion, die aus einer Temperaturabhängigkeit der Oberflächenspannung
resultiert, häufig von überragender Bedeutung. Der Strömungszustand
in der Schmelze bestimmt entscheidend das Kristallwachstum, d.h. die Verteilung
von Dotierstoffen und Defekten. Bei der Herstellung von Halbleiterkristallen
erweisen sich Magnetfelder als ein effektives Werkzeug für eine kontaktfreie
Kontrolle der Strömung, da Halbleiterschmelzen in der Regel ähnliche
elektrische Eigenschaften haben wie Flüssigmetalle. Insbesondere kann
dabei die Wirkung von Lorentz-Kräften das Auftreten von konvektiven
Instabilitäten in der Schmelze bis zu einem gewissen Grad unterdrücken.
In der vorliegenden Arbeit wird die lineare Stabilität der axisymmetrischen,
stationären thermokapillaren Grundströmung in einer sog. Halbzone
unter dem Einfluss eines statischen, axialen Magnetfeldes numerisch untersucht.
Das Halbzonen-Modell besteht aus einem zylindrischen Flüssigkeitsvolumen
zwischen zwei festen Scheiben. Die freie Manteloberfläche unterliegt
einem axialen Oberflächenspannungsgradienten, der erzeugt wird, indem
die festen Scheiben auf verschiedene Temperaturen gebracht werden. Erreicht
die Temperaturdifferenz einen kritischen Wert, so wird die thermokapillare
Grundströmung instabil. Die Halbzonen-Konfiguration entspricht einem
idealisierten Modell des Zonenschmelzverfahrens. Das Ziel der vorliegenden
Arbeit ist es, die stabilisierende Wirkung angelegter Magnetfelder auf
die thermokapillare Strömung zu ergründen. Um tiefe Einblicke
in die damit zusammenhängenden physikalischen Prozesse zu erhalten,
werden zahlreiche Parametervariationen vorgenommen. Systematisch wird dabei
der Einfluss von Geometrie (Aspektverhältnis), Prandtl-Zahl, Wärmeaustausch
mit der Umgebung und Auftrieb durch Gravitation studiert. Die Analyse des
Energietransfers aus der Grundströmung in die Störung verschafft
weiteren Aufschluss über die stabilisierenden und destabilisierenden
Mechanismen.
Die Untersuchungen zeigen, dass axiale, stationäre Magnetfelder
eine Konzentration der thermokapillaren Konvektion nahe der freien Oberfläche
bewirken. Zudem wird durch eine abbremsende Wirkung der Lorentz-Kräfte
der Volumenfluss der Grundströmung erheblich reduziert. Mit steigender
Feldstärke wird der axisymmetrische Grundzustand zunehmend stabiler.
Bei den betrachteten kleinen Prandtl-Zahlen (Pr<1) setzen Instabilitäten
schließlich als stationäre Bifurkationen ein. Die Axisymmetrie
der Grundströmung wird dabei gebrochen, d.h. die Strömung wird
dreidimensional. Die Bifurkationen sind rein hydrodynamischer Natur und
erfolgen aufgrund einer Scherinstabilität. Die Effektivität axialer
Magnetfelder hinsichtlich ihrer stabilisierenden Wirkung steigt mit abnehmendem
Aspektverhältnis (Höhe/Radius) der Flüssigkeitsbrücke,
zunehmender Prandtl-Zahl, abnehmender Biot-Zahl (bestimmt den Wärmeaustausch
mit der Umgebung) und/oder abnehmender Grashof-Zahl. Dabei wird der magnetische
Stabilisierungseffekt durch die Wirkung thermokapillarer Kräfte auf
die Störströmungen verstärkt. Neben der stabilisierenden
Wirkung haben axiale Magnetfelder auch einen beträchtlichen Einfluss
auf die azimutale Symmetrie der instabilen Moden. Bei sehr kleinen Prandtl-Zahlen
und/oder sehr großen Biot-Zahlen führen hinreichend starke Magnetfelder
dabei generell zu einer Erhöhung der azimutalen Wellenzahl.
Die Untersuchungen schließen mit Stabilitätsanalysen an einer
Vollzone ab. Das Vollzonen-Modell besitzt andere thermische Randbedingungen
als die Halbzone und spiegelt die tatsächlichen Strömungsverhältnisse
in realen Schmelzzonen besser wider. Ein der freien Oberfläche aufgeprägtes
axiales parabolisches Temperaturprofil treibt dabei die thermokapillare
Grundströmung an. Die Resultate zeigen, dass die Stabilitätseigenschaften
des axisymmetrischen Grundzustands der vollen Zone mit denen der Halbzone
vergleichbar sind. Auch ist die stabilisierende Wirkung axialer Magnetfelder
qualitativ ähnlich.