{"id":548,"date":"2017-04-05T10:44:07","date_gmt":"2017-04-05T08:44:07","guid":{"rendered":"https:\/\/arctrain.de\/?p=548"},"modified":"2018-11-08T10:57:48","modified_gmt":"2018-11-08T09:57:48","slug":"what-is-a-model","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/arctrain.de\/de\/what-is-a-model\/","title":{"rendered":"Was ist eigentlich ein Modell?"},"content":{"rendered":"

Wer sich auch nur ein bisschen f\u00fcr Klimawissenschaften interessiert, wird schnell auf den Begriff Klimamodell<\/i> sto\u00dfen.Oft dauert es allerdings deutlich l\u00e4nger, heraus zu finden, wof\u00fcr so ein Modell eigentlich genutzt wird. Wobei normalerweise auch nur \u201cAlso du dr\u00fcckst auf Start und wartest dann bis sch\u00f6ne Bilder aus deinem Modell heraus fallen, oder was machst du eigentlich?\u201d gefragt wird, was aber mehr oder weniger auf das gleiche abzielt. Deshalb m\u00f6chte ich euch hier eine kleine \u00dcbersicht \u00fcber meine Arbeit als Modellierer geben.<\/p>\n

\"Komponenten<\/a>

Ein \u00dcberblick \u00fcber die verschiedenen physikalischen Prozesse in einem aktuellen Klimamodell. (Unver\u00e4ndert aus [W. Washington et. al. 2009, Phil. Trans. R. Soc. A]<\/a> unter CC-BY 4.0<\/a>: Angepasst von Kevin Trenberth (NCAR). Copyright \u00a9 University Corporation for Atmospheric Research. Illustration von Paul Grabhorn.)<\/p><\/div>Zuerst: Wor\u00fcber spreche ich eigentlich, wenn ich Modell<\/i> sage? Ein Modell ist f\u00fcr mich meistens ein Computerprogramm, das berechnet wie sich ein Teil der Welt verh\u00e4lt. Dieser Teil kann riesig sein, f\u00fcr ein Klimamodell zum Beispiel die kompletten Ozeane und Luftmassen der Erde. Aber ein Modell kann genauso gut beschreiben, wie sich ein einzelner Gletscher ver\u00e4ndert, oder wie sich ein Eisblock verformt, wenn man fest genug dr\u00fcckt. Das Modellieren selbst besteht aus drei Schritten: (1) Wir m\u00fcssen eine Idee von den physikalischen Prozessen haben, die wir beschreiben wollen; (2) wir formulieren diese Vorg\u00e4nge als mathematische Gleichungen; und (3) wir schreiben ein Computerprogramm, das diese Gleichungen dann l\u00f6sen kann. Am Beispiel des Meereis-Modells, mit dem ich arbeite, bedeutet dies: Das Eis schmilzt und friert; es treibt auf dem Ozean, wenn es vom Wind oder von Meeresstr\u00f6mungen angetrieben wird; und L\u00fccken im Eis brechen auf oder Presseish\u00fcgel schieben sich auf, wenn sich Eisschollen voneinander weg oder aufeinander zu bewegen (1. Schritt). Dieses Verhalten kann in zwei Gleichungen zusammengefasst werden, eine f\u00fcr die Bewegungen des Eises (\u201cImpulserhaltung\u201d – Yeah, Physik!) und eine f\u00fcr die Temperatur im Eis (2. Schritt). Die L\u00f6sung dieser Gleichungen beschreibt die Ver\u00e4nderungen im Eis in einem kleinen Zeitschritt. Wenn das Computerprogramm sie also immer wieder hintereinander l\u00f6st, kann ich sehen, wie sich das Eis mit der Zeit entwickelt (3. Schritt).<\/p>\n

\"Temperaturvorhersagen<\/a>

Es w\u00e4re wirklich schwierig die gesamte Erde f\u00fcr verschiedene Mengen an ausgesto\u00dfenem Treibhausgas in der Zukunft nur zu beobachten! (Fig 12.11 aus “Climate Change 2013: The Physical Science Basis”, Cambridge University Press)<\/p><\/div>\n

Damit stellen sich die Fragen: Warum sollte sich jemand die ganze Arbeit machen? Und, insbesondere wenn man geh\u00f6rt hat, wie gro\u00df die Fehler sind, die diese Modelle immer noch machen: Ist es nicht besser, einfach dorthin zu fahren und direkt zu beobachten, was auch immer das Modell beschreiben soll? Die Antwort ist Ja und Nein. Es ist immer besser, wenn wir Beobachtungen aus der echten Welt haben, um zu wissen, was eigentlich passiert. Ohne Beobachtungen w\u00fcrden wir auch nie wissen, ob unsere Modellergebnisse irgendetwas mit der Realit\u00e4t zu tun haben oder nicht. Aber Modelle haben drei riesige Vorteile:
\nErstens: Um beispielsweise einen Ozean zu beobachten, gibt es aktuell noch keine Technik, die es erm\u00f6glicht alle diese Wassermassen auf einmal zu analysieren. Messungen sind immer entweder an einen Punkt gebunden, an dem sich gerade ein Schiff oder eine Messboje befindet, oder sie decken zwar eine gr\u00f6\u00dfere Region ab, daf\u00fcr aber nur die oberste Wasserschicht (wenn Aufnahmen von einem Satelliten aus gemacht werden). Mit einem Modell erhalten wir Informationen \u00fcber alle Punkte im Ozean zu jedem Zeitpunkt, der uns interessiert. Dieses Wissen k\u00f6nnen wir hervorragend nutzen, um zu verstehen was dort passiert, wo wir in der echten Welt nicht hinsehen k\u00f6nnen.
\nZweitens: H\u00e4ufig wollen wir als Forscher Experimente durchf\u00fchren um zu verstehen, wie sich das Klimasystem verh\u00e4lt. Wie werden sich zum Beispiel die Ozeane ver\u00e4ndern, wenn die Lufttemperatur um zwei Grad ansteigt? Oder um drei? Oder zehn? Es w\u00e4re wirklich praktisch, wenn wir ein paar weitere Erden herumliegen h\u00e4tten um solche Szenarien \u201cin echt\u201d zu testen, aber leider haben wir nur die eine zur Hand. In der wunderbaren Modellwelt dagegen k\u00f6nnen wir so viele Erden verbrauchen, wie wir nur wollen!
\nUnd drittens: Die Gleichungen k\u00f6nnen schnell gel\u00f6st werden, verglichen mit der Zeit, die diese Prozesse in der wirklichen Welt ben\u00f6tigen. Somit k\u00f6nnen wir nicht nur ausrechnen, wie das Klima sich \u00fcber die letzten 50.000 Jahre ver\u00e4ndert hat. Wir k\u00f6nnen auch vorhersagen, wie das Wetter in den n\u00e4chsten zwei Wochen wird und wie warm und sauer die Meere in hundert Jahren sein werden, wenn wir weiterhin so viel Kohle und \u00d6l verbrennen wie heutzutage. Und Wissen ist Macht, also sind diese Erkenntnisse der erste Schritt zur Weltherrschaft! \u2026 Naja, und selbst wenn das zu hoch gegriffen sein sollte, werden sie auf jeden Fall dazu beitragen, dass wir besser vorbereitet sind, was auch immer das Klimasystem f\u00fcr uns in petto hat.<\/p>\n

Ich k\u00f6nnte hier noch ewig weiterschreiben, \u00fcber die verschiedenen Teile eines Klimamodells, und die verschiedenen Teile dieser Teile, und irgendwann auch mal die Frage beantworten: Was mache ich eigentlich den lieben langen Tag, wenn ich arbeite? Und keine Angst: Das werde ich auch tun! Allerdings ist das ein Thema f\u00fcr einen eigenen Blogeintrag. Jetzt hoffe ich, dass ihr zumindest eine Idee habt, warum und wof\u00fcr Modelle eigentlich verwendet werden, und weshalb wir nicht alle Probleme allein mit Beobachtungen l\u00f6sen k\u00f6nnen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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