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Berechnung von Großkreis-Stücken (geodätischen Linien) in durch geographische Koordinaten definierten Gitterboxen

Problemstellung: Es geht eine Trajektorie von irgend einem Startpunkt zu irgend einem Zielpunkt. Es sollen die Strecken berechnet werden, die die Trajektorie durch die Boxen eines geographischen Gitters (z.B. 2x2 Grad) läuft.

Sinn: Der Wind weht entlang der Trajektorie und sammelt aus jeder Gitterbox je nach Untergrund (Wasser, Land mit Bewuchs vom Typ X) entsprechend der in der Box zurück gelegten Strecke Pollen auf.

Annahmen:


Bezeichnungen: Zur Berechnung des sphärischen Dreiecks werden die geographischen Breiten umgerechnet, so dass $\math-style \phi = 90^\circ - \Phi$ ist. Die im folgenden verwendeten Koordinaten $\math-style \phi$ geben also die Entfernung vom Nordpol an (siehe Abb. 1). Die Trajektorie beginnt bei einem Punkt A (Koordinaten: Länge $\math-style \lambda_A$ und Breite $\math-style \phi_A $) und endet bei Punkt B ($\math-style \lambda_B,\phi_B$). Die Strecke der Trajektorie von A nach B sei S. Der Winkel zwischen dem $\math-style \lambda_A$ und der Trajektorie sei $\math-style \alpha$,und der am Nordpol $\math-style \beta = \lambda_B - \lambda_A$ . Wenn A und B in einer gemeinsamen Gitterbox liegen, reichen die Koordinaten von A und B zur Berechnung von S. Wenn B in einer anderen Box als A liegt, so muss die Trajektorie die Box von A verlassen und es ist das Stück $\math-style S_A$ der Trajektorie zu berechnen, das in der Box von A liegt. Der Punkt an dem die Trajektorie die Box von A verläßt sei der Kreuzungspunkt K $\math-style (\lambda_K,\phi_K)$. Dabei kann die Trajektorie entweder durch eine von einem Längengrad oder eine von einem Breitengrad gebildete Boxgrenze gehen. (Natürlich auch genau durch beide, also eine Box-Ecke. Das ist aber egal, weil dann die Berechnung für beide Typen zum Ziel führt.)

 
Abbildung:  Das aus Großkreisen gebildete Dreieck auf der Erdkugel und die benutzten Bezeichnungen.
\begin{figure}
 \begin{picture}
(0,0)
 \put(40,-80){
\psfig {figure=trajektorie.eps,width=8cm,height=8cm}
}\end{picture}\ \vspace*{8cm} \ \\ \end{figure}

Die Grenzen der Box seien durch $\math-style \phi_0$, $\math-style \phi_1$, $\math-style \lambda_0$ und $\math-style \lambda_1$gegeben. Wenn S die Box durch eine Breitengradgrenze verlässt, so ist die Breite dieses Schnittpunktes $\math-style \phi_0$ oder $\math-style \phi_1$. Der Längengrad des Schnittpunktes wird mit $\math-style \lambda_K$ bezeichnet. Entsprechend ist $\math-style \phi_K$ der Breitengrad des Schnittpunktes K beim Verlassen der Box durch einen Längengrad (0 oder 1).


Gleichungen zur Berechnung der benötigten Größen:
(Beachte: $\math-style \phi$ ist nicht die geographische Breite selbst sondern 90 - geogr. Breite !)

1.) Länge der geodätischen Linie S von 2 Punkten A ($\math-style \lambda_A,\phi_A$) und B ($\math-style \lambda_B,\phi_B$):

Betrachtet wird das Dreieck (A, B, Nordpol). Dann erhält man S (Strecke A - B) aus dem Seiten-Kosinussatz:
 
 \begin{displaymath}
\math-style
\cos S = \cos \phi_A * \cos \phi_B + \sin \phi_A * \sin \phi_B * \cos (\lambda_B - \lambda_A)\end{displaymath} (1)

2.) Berechnung des Winkel $\math-style \alpha$ zwischen S (von A nach B) und dem Längengrad von A ($\math-style \lambda_A$):

Betrachtet wird das Dreieck (A, B, Nordpol). Mit Kenntnis von S aus (1) erhält man den Winkel $\math-style \alpha$ aus dem Sinussatz:

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\sin \alpha = \frac{\sin \phi_B * \sin (\lambda_B - \lambda_A)}{\sin S}\end{displaymath} (2)

3.) Berechnung von $\math-style \phi_K$ des Schnittpunktes K ($\math-style \lambda_K , \phi_K$) der Trajektorie mit der Boxkante $\math-style \lambda = \lambda_K $ beim Verlassen der Box durch einen Längengrad:

Betrachtet wird das Dreieck (A, K, Nordpol). Der Kotangenssatz läßt sich hierfür schreiben als

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\sin \phi_A * \cot \phi_K = \cot \alpha * \sin \beta_A + \cos \phi_A * \cos \beta_A\end{displaymath} (3)

und Auflösen nach $\math-style \phi_K$ liefert:

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\tan \phi_K = \frac{\sin\phi_A}{\frac{\sin\beta_A}{\tan\alpha} + \cos\phi_A * \cos\beta_A}\end{displaymath} (4)

4.) Berechnung von $\math-style \lambda_K$ des Schnittpunktes K ($\math-style \lambda_K , \phi_K$) der Trajektorie mit der Boxkante $\math-style \phi = \phi_K$ beim Verlassen der Box durch einen Breitengrad:

Betrachtet wird das Dreieck (A, K, Nordpol). Zunächst wird mit dem Sinussatz der Winkel $\math-style \gamma$ zwischen der Trajektorie S und dem gesuchten Längengrad $\math-style \lambda_K$ bestimmt:

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\sin\gamma = \sin\phi_A * \frac{\sin\alpha}{\sin\phi_K}\end{displaymath} (5)

Mit Hilfe der Neperschen Analogie kann der Winkel $\math-style \beta_A$ bestimmt werden:  
 \begin{displaymath}
\math-style
\cot\frac{\beta_A}{2} = 
 \frac{\tan\frac{\alpha...
 ...{2} * \cos\frac{\phi_K+\phi_A}{2}}{\cos\frac{\phi_K-\phi_A}{2}}\end{displaymath} (6)

und

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\lambda_K = \lambda_A + \beta_A\end{displaymath} (7)

Die obigen Gleichungen gelten für sphärische Dreiecke wie in Abb. 1. Für Berechnungen tatsächlicher Trajektorien, die von und in alle möglichen Richtungen weisen müssen aber viele verschiedene Fälle unterschieden werden, z.B. $\math-style \lambda_A \gt \lambda_B$ und $\math-style \lambda_A < \lambda_B$. Eine weitere Komplikation besteht darin, dass eine Trajektorie einen Längengrad zwar nicht zwei mal schneiden kann (solange sie kleiner als $\math-style 180^\circ$ sind), weil sowohl Trajektorie als auch Längengrad Großkreise sind. Für Breitenkreise stimmt dies aber nicht. Wenn der Startpunkt A genau auf dem Breitenkreis eines Boxrandes liegt (und das ist bei der Berechnung von Boxgrenze zu Boxgrenze ziemlich häufig), dann kann man aus $\math-style \phi_B \gt \phi_A$ nicht folgern, dass die in Trajektorienrichtung nächste Box auch $\math-style \phi \gt \phi_A$ hat. Der Großkreis kann zunächst in die geographisch andere Richtung gehen. Um die nächste zu betrachtende Box zu erhalten wird in diesem Fall (Punkt A auf Breitenkreis eines Boxrandes) die lokale Ableitung der Länge der Trajektorie S nach $\math-style \phi$ gebildet. Dann gilt

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\left. \frac{dS}{d\phi}\right\vert _{\phi=\phi_A} \gt 0 \Rightarrow S(\phi + d\phi) \gt S(\phi)\end{displaymath} (8)


und die nächste Box in Richtung Punkt B hat die 2. Boxkante mit $\math-style \phi_{Rand} < \phi_A$ . Wenn man also in (1) $\math-style \phi_A $ durch $\math-style \phi$ ersetzt und die Ableitung bildet erhält man

 
 \begin{displaymath}
\math-style
\frac{dS}{d\phi} = - \frac{\cos\phi * \sin\phi_B...
 ...i * \cos\phi_B + \sin\phi * \sin\phi_B * \cos\Delta\lambda)^2}}\end{displaymath} (9)


Aus dem Wert von $\math-style \frac{dS}{d\phi}$ läßt sich also entscheiden, in welche Richtung die Trajektorie läuft.


Literatur:

Bartsch: Mathematische Formeln. 1986. Buch- und Zeit-Verlagsgesellschaft mbH, Köln. ISBN 3-8166-9060-2
Bigalke: Kugelgeometrie. 1984. Otto Salle Verlag GmbH, Frankfurt/Main. ISBN 3-7935-5530-5
Sigl: Ebene und sphärische Trigonometrie mit Anwendungen auf Kartographie, Geodäsie und Astronomie. 1977. Herbert Wichmann Verlag GmbH, Karlsruhe. ISBN 3-87907-050-4
Bronstein, Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik. 1976. Verlag Harri Deutsch, Zürich,... ISBN 3-87144-016-7

Ja, ich weiß auch dass man nicht so viele Bücher für die paar Gleichungen braucht. Ich fand sie aber alle auf ihre Art hilfreich und so ist die Liste eher für mich falls ich mal wieder ein Buch zum rumkugeln suche.



 
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Andreas Manschke
7/6/2000