Fernerkundung der Basistemperatur konvektiver Wolken über dem Ozean



  Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften im Fachbereich Geowissenschaften der Universität Hamburg
 
Andreas Manschke
 
Hamburg 1991  

 

Zusammenfassung


Verschiedene Möglichkeiten zur Fernerkundung der Basistemperatur konvektiver Wolken über dem Ozean aus Daten des satellitengetragenen Infrarotradiometers AVHRR werden untersucht. Durch Vorgabe unterschiedlicher Wolkenbasistemperaturen, Wolkentröpfchengrößenverteilungen sowie der weiteren für den Strahlungstransport relevanten atmosphärischen Parameter wird ein Datensatz erstellt, der den Bereich meteorologischer Bedingungen bei polaren Kaltluftausbrüchen umfaßt. Mit Hilfe eines eindimensionalen Strahlungsübertragungsmodells werden für jede Atmosphäre dieses Datensatzes die von den spektralen Kanälen des AVHRR meßbaren Strahldichten simuliert.
Die optische Dicke von Wolken kann abgeschätzt werden, wenn sie zumindest in einem Kanal noch einen Teil der Wärmestrahlung des Ozeans zum Satelliten durchlassen. Für solche semitransparenten Wolken ist der Rückschluß von den Strahldichten am Außenrand der Atmosphäre auf die Temperatur der Wolkenbasis möglich. Es wird eine Methode vorgestellt, mit der zunächst in AVHRR-Aufnahmen vollständig mit semitransparenten Wolken gefüllte Bildelemente entdeckt werden können. Die physikalische und statistische Interpretation der Modellergebnisse liefert zwei für Tag- und Nachtbedingungen unterschiedliche Verfahren zur Ableitung der Wolkenbasistemperatur. Die Standardfehler liegen dabei für den auf drei Kanälen basierenden Nachtalgorithmus unter 2oC und für das Verfahren bei Tage mit zwei Kanälen unter 4oC. Bei Anwendung dieser Methoden auf Satellitenmessungen ergeben sich im Vergleich mit Auswertungen von Radiosondendaten Unterschiede ähnlicher Größenordnung. Dafür ist aber die Mittelung der Ergebnisse mehrerer Bildelemente notwendig.
Die Bedeutung der Wolkenbasistemperatur für die Strahlungsbilanz der Ozeanoberfläche wird mit Strahlungstransportrechnungen abgeschätzt. Diese zeigen, daß sich wegen der geringen Absorbermengen unterhalb der polaren Grenzschichtwolken die langwellige abwärts gerichtete Strahlungsflußdichte an der Ozeanoberfläche bei bedecktem Himmel um bis zu 90 W/m2 gegenüber unbewölkten Situationen erhöhen kann. Auf eine Variation der Wolkenbasistemperatur reagiert sie mit Veränderungen um 2 W/(m2K).

Abstract


The possibility to derive the cloud base temperature by remote sensing for convective cloudfields over oceans with the spaceborne infrared radiometer AVHRR is investigated.
First, a set of atmospheric data for polar cold air outbreaks is prescribed, containing different cloud base temperatures, cloud droplet size distributions, and other parameters influencing the radiative transfer properties. Top of the atmosphere radiances are then calculated with the help of a one-dimensional adding and doubling model of radiative transfer in order to simulate the expected signals in the thermal infrared channels of the AVHRR.
A method to detect pixels totally covered with semitransparent clouds is presented. The optical depth of those clouds can be estimated, because part of the radiance of the warm ocean can penetrate through the clouds in at least one channel. For such clouds the base temperature is infered from top of the atmosphere radiances. The physical and statistical interpretation of the model results suggests two different methods to derive cloud base temperatures for day and night conditions. The night algorithm is based on all three thermal infrared channels and yields a root mean square error (RMS) of 2 K. For daytime scenes RMS increases to 4 K, because only two channels can be used.
Differences of similar magnitude occur, if these methods are applied to real satellite data and are compared with radiosoundings. However, averaging over several satellite pixels is necessary.
Finally, the effect of cloud base temperature on the radiation budget of the ocean surface is estimated. Results of radiative transfer calculations show an increase of longwave downward flux densities by up to 90 W/m^2 for the cloud covered sky as compared to cloudless conditions. This considerable increase is due to the low water vapour amount in polar boundary layers. The sensitivity of the longwave net flux density to cloud base temperature is about 2 W/m^2 per Kelvin.

Inhalt


1 Einleitung
2 Der Fernerkundungssatellit
 2.1 Auswahl eines geeigneten Radiometers
 2.2 Das AVHRR
  2.2.1 Berechnung der Helligkeitstemperatur
  2.2.2 Behandlung der Störungen des Kanals 3
3 Modellierung des Strahlungstransportes
 3.1 Strahlungsübertragung in der Atmosphäre
  3.1.1 Grundbegriffe
  3.1.2 Die Strahlungsübertragungsgleichung
 3.2 Die Matrix-Operator-Methode
  3.2.1 Zenitwinkeleinteilung
  3.2.2 Spektrale Auflösung
  3.2.3 Unterteilung der Atmosphäre
4 Wolken
 4.1 Tröpfchengrößenverteilungen
 4.2 Bestimmung der Extinktionsparameter
 4.3 Flüssigwassergehalt
 4.4 Wolkengeometrie
5 Modellparameter
 5.1 Wasseroberflächen
 5.2 Aerosole
 5.3 Transmission der Gase
 5.4 Variation der Wolkenparameter
6 Statistische Grundlagen
 6.1 Multiple lineare Regression
 6.2 Beurteilung und Probleme der Regression
7 Meeresoberflächentemperatur
 7.1 Split-window - Methode
 7.2 Modellaufbau
 7.3 Randbedingungen für die Regression
 7.4 Behandlung bewölkter Gebiete
8 Modellergebnisse
 8.1 Wolkenerkennung
 8.2 Ableitung der Wolkenbasistemperatur
  8.2.1 Verfahren für Nachtüberläufe
  8.2.2 Verfahren für Tagüberläufe
 8.3 Auswirkungen von Fehlerquellen
9 Auswertung von Satellitendaten
 9.1 Nachtaufnahmen
  9.1.1 Anwendung der einfachen Histogrammethode
  9.1.2 Anwendung der Regressionsgleichungen
 9.2 Tagaufnahmen
10 Vergleich mit Radiosondendaten
11 Wolkenbasistemperatur und Bodenstrahlungsbilanz
12 Schlußbetrachtung
Danksagung
Abkürzungen und Symbole
Anhang
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